Über  Pädosexualität & Pädophilie

Über Pädosexualität & Pädophilie

Pädophilie

Der Begriff Pädophilie (von altgriechisch παῖς paîs „Knabe, Kind“ und φιλία philía „Freundschaft“) bezeichnet das primäre sexuelle Interesse an Kindern vor Erreichen der Pubertät. Sind die jeweiligen Bedingungen der verschiedenen diagnostischen Manuale erfüllt, wird Pädophilie als psychische Störung, genauer als Störung der Sexualpräferenz bzw. als paraphile Störung, klassifiziert. Werden entsprechende Neigungen in Handlung umgesetzt, sind im Regelfall zugleich strafrechtliche Normen verletzt, die sexuelle Handlungen mit Kindern zum Gegenstand haben.

Synonym zum Begriff Pädophilie wird auch der Begriff Pädosexualität benutzt, da unstrittig ist, dass pädophil orientierte Menschen stets auch ein sexuelles Interesse an Kindern haben.

Jedoch wird teilweise auch das sexuelle Agieren von Menschen als pädosexuell bezeichnet, die Kinder lediglich als Sexualobjekte benutzen, ohne eine fixierte pädosexuelle Orientierung zu haben.

Für Pädophilie werden folgende Merkmale aufgeführt:

Das sexuelle Interesse gilt Kindern, die sich vor der Pubertät im Sinne der Geschlechtsreifung befinden.

Das sexuelle Interesse ist dabei primär, das heißt ausschließlich bzw. überwiegend und ursprünglich, auf Kinder ausgerichtet.

Das sexuelle Interesse ist zeitlich überdauernd.

Richtet sich das primäre sexuelle Interesse des Pädophilen auf Kleinkinder im Alter unter drei Jahren, spricht man nicht mehr von Pädophilie, sondern von Infantophilie.

Der Begriff in Öffentlichkeit und Medien

In gesellschaftlichen Debatten und in der Berichterstattung in den Medien wird die Bezeichnung Pädophilie oft nicht im sexualwissenschaftlichen Sinne verwendet, etwa wenn grundsätzlich alle Täter, die Kinder sexuell missbrauchen, als Pädophile bezeichnet werden. Insbesondere sexueller Missbrauch innerhalb der Familie wird häufig nicht sexualwissenschaftlich korrekt eingeordnet, da es sich hierbei häufig um Täter handelt, deren Sexualität primär auf Erwachsene ausgerichtet ist. Zudem werden sexualwissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert, etwa wenn grundsätzlich allen Pädophilen unterstellt wird, sie würden Kinder sexuell missbrauchen.

Auch in der Berichterstattung über sexuelle Übergriffe von Priestern auf minderjährige Jungen werden diese meistens als pädophile Taten bezeichnet, obwohl eine im Jahr 2011 veröffentlichte Studie in den USA aufzeigte, dass nur eine Minderheit der Priester, die sexuelle Übergriffe begingen, den diagnostischen Kriterien der Pädophilie entsprechen.

Pädosexualität

Der Begriff „Pädosexualität“ wird einerseits als Unterscheidung, andererseits als Synonym für den Begriff Pädophilie verwendet und von einigen Interessengruppen aus unterschiedlichen Motiven bevorzugt.

Menschen, die sexuellen Missbrauch erlebt haben, empfinden den Begriff „Pädophilie“ oft als verschleiernd und verharmlosend, da er eine gegenseitige Liebe vortäusche, während es nach ihrer Einschätzung um einen rücksichtslosen Machtmissbrauch durch den Erwachsenen gehe.

Viele Opferverbände fordern deshalb, den Begriff „Pädophilie“ generell durch „Pädosexualität“ zu ersetzen, denn damit werde unzweifelhaft benannt, worum es gehe: um eine sexuelle Begierde, die mit Liebe nichts zu tun habe.

Andere Ansätze legen Wert auf die Unterscheidung zwischen „Pädophilie“ als reiner Präferenz (auf Gefühls- und Gedankenebene) und dem Verhalten in Form sexueller Übergriffe auf Kinder.

Der Begriff „Pädophilie“ bezeichnet demnach nur die sexuelle Präferenz, aus der sich Handlungsimpulse ergeben können, aber nicht müssen. Kommt es jedoch zu sexuellen Handlungen – also zu real ausgelebter Sexualität mit Kindern – spreche man nicht mehr von „Pädophilie“, sondern von „Pädosexualität“. Von pädosexuellem Verhalten könne nach diesem Begriffsmodell auch dann gesprochen werden, wenn ein sexueller Kindesmissbrauch nicht auf eine primär-pädophile Präferenz zurückzuführen ist, sondern der Täter aus anderen Beweggründen handelt (z. B. als sogenannte Ersatzobjekttäter oder als sadistischer Gewalttäter).

Auf dieses Modell greifen die Sexualwissenschaftler der Charité zurück, weil sie damit zwei verschiedenen Aspekten Rechnung tragen wollen: Zum einen soll darauf hingewiesen werden, dass eine pädophile Präferenz nicht zwangsläufig zum sexuellen Missbrauch eines Kindes führen muss, gleichzeitig soll deutlich gemacht werden, dass ein sexueller Kindesmissbrauch unterschiedliche Motivlagen haben kann.

Pädophile selbst unterscheiden mit den beiden Begriffen manchmal zwischen Personen, die rein sexuelle Kontakte haben, und jenen, die eine Beziehung auch oder nur auf anderen Ebenen unterhalten.

Über die Zahl pädophiler Menschen gibt es keine zuverlässigen Angaben.

Vorsichtige Schätzungen gehen von 50.000 bis 200.000 pädophilen Männern in Deutschland aus.

Internationale Studien nehmen bei etwa 1 % aller erwachsenen Männer eine primärpädophile Ausrichtung an, wohingegen Forscher der Universität Regensburg nach einer Befragung von rund 8700 deutschen Männern schlussfolgerten, dass weniger als 0,1 Prozent der männlichen Bevölkerung die Diagnosekriterien für eine pädophile Störung im Sinne des DSM-5 erfüllen

Pädophile Sexualpräferenz

Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht bei der Pädophilie die primäre sexuelle Ausrichtung auf Kinder. Diese ist nicht zwingend koital ausgeprägt. Pädophile können bereits durch Situationen erregt und befriedigt werden, in denen kein Körperkontakt zu einem Kind besteht. Bei Situationen mit Körperkontakt kann bereits das Berühren des Kindes allein als erregend empfunden werden, ohne dass diese Berührungen im Genitalbereich stattfinden müssen. Der Wunsch nach dem Vollzug eines Geschlechtsverkehrs mit dem Kind scheint bei Pädophilen seltener anzutreffen zu sein.

Ein Teil der Pädophilen schließt sexuelle Kontakte mit Kindern für sich aus.Ursachen hierfür können zum einen die Befürchtung juristischer und sozialer Konsequenzen sein, zum anderen gibt es Pädophile, die sich der ethischen und moralischen Problematik ihrer sexuellen Wünsche bewusst sind und deshalb sexuelle Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen grundsätzlich ablehnen.

Neben dem sexuellen Interesse ist bei Pädophilen ein Bedürfnis nach emotionaler Nähe zu Kindern festzustellen. Einige verlieben sich in Kinder und wünschen sich echte wechselseitige Liebesbeziehungen zu ihnen. Dass sie eine solche tatsächlich für möglich halten, versteht der Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch als Ausdruck einer illusionären Verkennung. Manche Pädophile empfinden ihr Leben als unvollständig und emotional destabilisierend, wenn ihr Wunsch nach emotionaler Nähe keine Erfüllung findet. Zudem besteht bei Pädophilen ein soziales Interesse an Kindern und ein Bedürfnis nach Freundschaft.

In entsprechenden Berufen, die Umgang mit Kindern ermöglichen, wie beispielsweise als Erzieher oder in der Jugendbetreuung, arbeiten Pädophile daher gern.

Auswirkungen auf Betroffene

Welche Auswirkungen die pädophile Sexualpräferenz für den Pädophilen selbst hat, ist von zahlreichen Faktoren abhängig und in seiner Gesamtheit kaum erforscht. Auch hängen die Auswirkungen davon ab, ob die Betroffenen ihre sexuelle Orientierung Ich-synton erleben, also damit einverstanden sind, oder es zu einer Ich-dystonen Verarbeitung gekommen ist, in deren Rahmen eine andere sexuelle Ausrichtung gewünscht wird. Daneben gibt es Pädophile, die ihre sexuellen Impulse als belastend empfinden, sich für ihre Neigung verurteilen oder unter der Angst leiden, den Impulsen nachzugeben und einen sexuellen Übergriff zu begehen.Deshalb kann es zu Folgeerkrankungen kommen, wie z. B. Depression oder Substanzmittelmissbrauch.

Für Pädophile, die sexuell abstinent leben, sei es aus Angst vor juristischen Konsequenzen oder aufgrund einer generellen Ablehnung pädosexueller Kontakte, bedeutet dies in erster Linie den Verzicht auf die Erfüllung sexueller und emotionaler Bedürfnisse. Da Pädophile eine sehr geächtete Randgruppe der Gesellschaft darstellen, sind sie zudem meist gezwungen, ihre Neigungen selbst vor Freunden und der Familie zu verheimlichen, da ein Bekanntwerden oft eine völlige gesellschaftliche Isolation bis hin zu Scheidung, Job- und Wohnungsverlust nach sich zieht.

Mediennutzung zur sexuellen Stimulation

Viele Pädophile nutzen Darstellungen von Kindern zur sexuellen Stimulation. Die Bandbreite reicht hierbei von Kinderbildern aus Versandhauskatalogen über legale erotische Darstellungen von Kindern, z. B. Bilder des Fotografen Jock Sturges, bis hin zur Nutzung illegaler kinderpornographischer Medien. In einer Studie gaben 86 % der Teilnehmer an, Bildmaterial aus dem legalen und/oder illegalen Bereich zu nutzen.

Neben Film- und Bildmaterial spielt in jüngster Zeit auch die sogenannte virtuelle Kinderpornographie eine zunehmend größere Rolle, d. h. sexuelle Darstellungen nicht realer, sondern animierter „Kinder“.Davison und Neale betonen, dass zur sexuellen Stimulation nicht zwangsläufig illegales Material nötig sei, vielmehr konstruieren Pädophile ihr eigenes sexuell erregendes Material aus Quellen, die allgemein als harmlos angesehen werden. Ob der Konsum von Kinderpornographie, wie von vielen Pädophilen behauptet, dem Abbau von Spannungen dient und damit realen Übergriffen entgegenwirkt, oder ob diese durch die zusätzliche Stimulation begünstigt werden, ist wissenschaftlich umstritten.

Täterprofile

Die Tätertypologien, die Schorsch 1971 und Beier 1995, sich auf Schorsch berufend, vorlegten, unterscheiden sich insbesondere in der Zusammensetzung der Gruppen. Schorsch unterschied verschiedene Gruppen jugendlicher Täter, Täter in mittlerem Lebensalter und sogenannte Alterspädophile und hob dabei eine Gruppe von Pädagogen hervor, die in illusionärer Verkennung ihrer Berufsrolle über ihre Pädophilie eine scheinbar kinderfreundliche Ideologie entwickelt hatten.

Beier unterschied Gruppen mit, wie er es nannte, pädophiler Hauptströmung, die in der Literatur auch „Kernpädophile“ genannt werden, von anderen mit einer pädophilen Nebenströmung. Beide Autoren erwähnen Täter mit mehr oder weniger ausgeprägter Intelligenzminderung.

Komorbidität

Oft tritt die beschriebene Störung im Sexualverhalten komorbid mit affektiven Störungen auf, die aber auch eine Folge der Pädophilie sein können. Dazu gehören Angststörungen, Substanzmittelmissbrauch oder anderen Paraphilien.

Sexueller Missbrauch durch Pädophile an Kindern

Strafrechtliche Einordnung und Häufigkeit

Sexuelle Kontakte mit Kindern sind in den meisten Ländern verboten und strafbewehrt.

Im deutschen Strafrecht sind sie als sexueller Missbrauch von Kindern in § 176 geregelt, in der Schweiz in Art. 187 StGB als sexuelle Handlungen mit Kindern und in Österreich als sexueller Missbrauch von Unmündigen in § 207 StGB, bei schwerem Missbrauch in § 206 StGB.

Zahlen über den Anteil an Sexualstraftätern unter den Pädophilen sind nicht bekannt. Trotz anders anmutender Eindrücke durch die Medienberichterstattung haben mindestens in Deutschland die nach § 176 StGB angezeigten Delikte im langjährigen Mittel nicht zugenommen, wie der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) zu entnehmen ist. Bei dem Eindruck einer Zunahme handelt es sich um Artefakte, also um Irrtümer, die auf andere Ursachen zurückzuführen sind.

Einschlägig verurteilte Pädophile unterliegen einer hohen Rückfallgefahr. Internationale Studien haben ergeben, dass die Rückfallquote bei ihnen mit annähernd 40 bis 50 Prozent etwa doppelt so hoch ist wie die durchschnittliche Quote für Sexualstraftäter von 22 Prozent.

 Die Rückfallwahrscheinlichkeit ist bei Pädophilen, die auf Jungen orientiert sind, deutlich höher als bei solchen, die sich für Mädchen interessieren.

Zahlreiche Studien belegen, dass der Anteil pädophiler Täter bei weitem nicht den Hauptanteil am sexuellen Kindesmissbrauch darstellt.

Aus den vorgelegten Studien ist zu folgern, dass der sexuelle Missbrauch an Kindern im Wesentlichen nicht durch Pädophile begangen wird. Im Jahr 2010 bezeichnete die Sexualwissenschaftlerin Sophinette Becker anlässlich der Enthüllungen an der Odenwaldschule mehr als 95 Prozent der Täter als „normal veranlagt“. 

Sexuelle Handlungen

Sexuelle Übergriffe durch Pädophile können eine unterschiedliche Ausprägung haben. Hier reicht die Bandbreite von flüchtigen Berührungen an Kopf und Arm über Manipulation der Genitalien bis zur Ermunterung des Kindes, dasselbe zu tun. Penetration findet eher selten statt. Anwendung von Gewalt ist die Ausnahme und anschließende Tötungsdelikte der Einzelfall.

Wenn es fortlaufend zu sexuellen Handlungen kommt, werden meist Intensität und/oder Nähe schrittweise gesteigert, ohne dass damit zugleich eine Entgleisung in gewalttätige Handlungen verbunden ist. Die pädophilen Kontakte können Wochen, Monate oder Jahre andauern, wenn sie nicht von anderen Erwachsenen entdeckt und unterbunden werden.

In der Regel werden die Kinder zur Verschwiegenheit angehalten.

Verwahrloste Pädophile suchen sich nicht selten ihre Opfer an einschlägig bekannten Orten unter Kindern, die ebenfalls aus verwahrlosten Familien stammen, und bezahlen sie oder gewähren andere Vergünstigungen.

Zahlreiche Studien, wie sie unter anderem von dem Sexualwissenschaftler Eberhard Schorsch vorgelegt wurden, machen unter den Pädophilen eine Gruppe von Tätern aus, die sich dadurch auszeichnen, dass sie sich nicht nur nicht aggressiv verhalten, sondern sich ihren Opfern geradezu liebevoll zuwenden. Es scheint, als würden sie dadurch die Zuneigung der Kinder erlangen wollen, doch machen sie sich tatsächlich auf diese Weise ihre Opfer gefügig und verlieren das Interesse, sobald die Kinder dem kindlichen Körperschema entwachsen.

Dieser Gruppe entgegengesetzt werden vergleichsweise seltene Täter beschrieben, die sadistische Vorlieben haben und aus dem Zufügen von Schmerz sexuelle Befriedigung ziehen.

Folgen für die Opfer des sexuellen Missbrauchs

Kinder reagieren auf sexuelle Kontakte mit Erwachsenen sehr unterschiedlich. Solche Kontakte können bei den Opfern direkt oder indirekt eine psychosexuelle Traumatisierung bewirken.

Die konkreten Folgen für die Opfer sind von diversen Faktoren abhängig, insbesondere von Alter, Reifegrad und Geschlecht des Kindes, von seiner Einstellung zur Sexualität und ob es sich in der Familie aufgehoben fühlt.

Die Beziehung zum Täter spielt eine wichtige Rolle, also die Frage, ob er fremd war oder zur Familie oder deren Bekanntenkreis gehörte, was Loyalitätskonflikte mobilisieren kann. Auch das konkrete Tatgeschehen mit oder ohne Ausübung von Zwang, psychischer oder physischer Gewalt nimmt Einfluss auf die Chancen zur Bewältigung des Erlebten.

Schließlich wirken auch die Reaktionen von Angehörigen, Freunden und Bekannten im nahen oder Lehrern und Bezugspersonen im ferneren Umfeld auf das Kind je nachdem förderlich oder hinderlich, aber auch, falls Anzeige erstattet und andere Behörden eingeschaltet wurden, der Umgang von Polizei und Ämtern mit dem Kind. All dies beeinflusst seine Fähigkeit, die mit der Tat verbundenen Folgen zu regulieren.

Gelingt eine Regulierung nicht, können bis ins Erwachsenenalter fortbestehende Störungen die Folge sein. Darunter finden sich Beeinträchtigungen, die die Fähigkeit zur Gestaltung befriedigender Beziehungen und Partnerschaften einschränken, aber auch Depressionen und schwere Krankheitsbilder aus der Psychopathologie.

Dazu werden posttraumatische Belastungsstörungen und Borderline-Persönlichkeitsstörungen gerechnet oder dissoziative Störungen und sogenannte multiple Persönlichkeitsstörungen.

Es gibt Fälle, in denen es zu einer sogenannten sekundären Viktimisierung kommt. Das bedeutet, dass eine Schädigung nicht oder nicht nur durch die ursprüngliche Straftat, sondern ausschließlich oder zusätzlich durch nachfolgende Reaktionen des nahen oder fernen sozialen Umfeldes erfolgt.

Matthias Stöckel erkannte Risikofaktoren in einem dramatisierenden Verhalten des Umfeldes, in hartnäckigen oder langwierigen Polizeiverhören und Gerichtsverhandlungen und Untersuchungen im Intimbereich, aber auch in einer Verurteilung der Kontakte durch das Umfeld und einer strafrechtlichen Verurteilung des Täters, sofern zu ihm eine positiv besetzte Beziehung bestand.

Ängste, Selbstvorwürfe und Schuldgefühle können die Folge sein, wie der Sexualwissenschaftler Gunter Schmidt in einem Interview zusammenfasste. Auch in Fällen sexueller Gewalthandlungen kann das Risiko einer Sekundärschädigung unterschätzt werden und selbst nach Abklingen der akuten symptomatischen Reaktionen noch zu einer sogenannten Retraumatisierung führen.

Prävention und Therapie

Als Prävention gegen sexuellen Kindesmissbrauch durch Pädophile wird heute vorwiegend Aufklärung durch Verbreitung von Informationen betrachtet. Sie sollen Kinder, Eltern und Pädagogen erreichen sowie die Gesellschaft für das Problem sensibilisieren. Darüber hinaus ist es für Kinder vorteilhaft, wenn die Entwicklung von Selbstsicherheit gefördert wird und sie lernen, Nein zu sagen. Gegen Kindesentführung und in der Folge sexuelle Gewalthandlungen vermögen präventive Maßnahmen nichts auszurichten, allerdings sind sie die seltene Ausnahme.

Präventionsarbeit mit potentiellen Sexualstraftätern existiert bislang kaum, zumal sie nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehört.

Therapeutische Optionen

Sexualmediziner gehen heutzutage überwiegend davon aus, dass die Entwicklung der Sexualität im Wesentlichen mit dem Ende der Pubertät abgeschlossen ist und eine grundsätzliche Änderung der pädophilen Sexualpräferenz nicht möglich ist.

Das primäre Ziel einer Therapie besteht deshalb meist darin, sexuelle Handlungen an Kindern zu verhindern.

In Einzel- und Gruppentherapien sollen die Patienten lernen, ihre Impulse zu kontrollieren und Verhaltensmuster, die den sexuellen Missbrauch begünstigen, zu vermeiden. Weitere Ziele können die Aufdeckung von Wahrnehmungs- und Interpretationsfehlern des Verhaltens von Kindern sowie die Stärkung der Empathiefähigkeit sein.

Neben psycho- oder soziotherapeutischen Angeboten werden manchen Patienten – in schweren Fällen und mit ihrer Zustimmung verabreicht – medikamentöse Behandlungsoptionen angeboten. Dazu zählen die Antagonisten des Sexualhormons Testosteron, aber auch Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, die den Sexualtrieb hemmen, die Impulskontrolle verbessern und somit die Gefahr von Übergriffen eindämmen können. Teilweise kann damit auch Einfluss auf sogenannte Intrusionen genommen werden, also Gedankeneinbrüche, die vom Patienten nicht willentlich verhindert werden können. In den letzten Jahren gab es überdies Versuche, das unerwünschte Verhalten mit Medroxyprogesteron (MPA) zu bekämpfen, welches den Testosteronspiegel von Männern senkt.

Neuere Studien zeigen auf, dass Therapien straffällig gewordener Pädophiler die Rückfallwahrscheinlichkeit um etwa 12 bis 17 Prozent zu senken vermögen. Doch bleibt die Rückfallquote vergleichsweise hoch.

Kontroversen
Zur Frage der Strafwürdigkeit gewaltfreier sexueller Handlungen

Im besonderen Teil des Strafgesetzbuches der Bundesrepublik Deutschland hat der Gesetzgeber im 13. Abschnitt festgelegt, welche sexuellen und mit der Sexualität in Verbindung stehenden Verhaltensweisen er unter Strafe gestellt wissen will. Geregelt wird dies insgesamt in den §§ 174–184j StGB. Darüber hinaus gibt es Regelungen im 12. und 16. Abschnitt, die hier außer Betracht bleiben können. Das absolute Schutzalter liegt in Deutschland bei 14 Jahren und unter besonderen Umständen bei 16 oder 18 Jahren. Kinder und Jugendliche, die zur Betreuung im Rahmen eines Obhutsverhältnisses anvertraut wurden, werden durch das Gesetz besonders geschützt, einmal mehr, wenn eine Notlage vorliegt. Für bestehende Abhängigkeitsverhältnisse und weitere Konstellationen gibt es für das Verbot sexueller Handlungen keine Altersbegrenzung. Sexuelle Gewalt ist ebenso wie jegliche Ausübung von Zwang unter allen Umständen strafbar. In anderen Ländern gelten teilweise andere Regelungen.

Die Strafwürdigkeit auch zwang- und gewaltfreier pädosexueller Handlungen gründete sich ursprünglich auf sittlich-moralische Vorstellungen. Sie wird von Vertretern propädophiler Interessen bestritten, von den meisten Sexualwissenschaftlern jedoch verteidigt. Martin Dannecker beispielsweise hatte die, wie er es nannte, „Disparität der Wünsche“ betont, die zwischen dem Pädophilen und einem Kind „schon bei der ersten Begegnung“ herrsche. Sie sei „auch nicht durch die vielleicht miteinander erlebte Sexualität zu überbrücken“, weil das „Verlangen“ des Pädophilen strukturiert und auf ein sogenanntes Objekt gerichtet sei, während, sollte es bei dem Kind überhaupt vorhanden sein, es bei ihm „vergleichsweise diffus und objektlos“ wäre. Das Bezugssystem der kindlichen Sexualität im Kontakt mit einem Pädophilen sei „nicht das eigene sexuelle Verlangen, sondern das des anderen“.[93] Dannecker ging noch einen Schritt weiter:

„Denn es ist ja gerade nicht so, dass nur ‚pathologisch veranlagte‘ Erwachsene im erotischen Spiel mit Kindern in eine Situation geraten können, in der die Gefahr einer Verwechslung des kindlichen sexuellen Ausdrucks und der kindlichen sexuellen Wünsche mit den Wünschen einer reifen Person auftaucht.“

In eine solche Situation können, so Dannecker, Erwachsene potentiell immer dann geraten, „wenn sie sich in intime und körperliche Nähe zu Kindern begeben“. Dann sei ein „gewisses Maß an Erregung […] in dieser Nähe gar nicht zu vermeiden“. Diesen „Anfechtungen“ gelte es zu widerstehen, was in der Regel gelinge, doch das sei, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht Anliegen des Pädophilen.

Weil „ein vorpubertäres Kind nicht weiß, was Liebe und Sexualität sind, was sie bedeuten, was sie symbolisieren“, könne es, so Sigusch, „keine reflektierte Einvernehmlichkeit geben“. In diesem Zusammenhang wies der amerikanische Sozialwissenschaftler David Finkelhor darauf hin, dass ein Kind zwar willentlich („simple consent“) zustimmen könne, nicht aber – und das sei ein bedeutsamer Unterschied – wissentlich („informed consent“). Das Kind könne weder erfassen, aus welchen Beweggründen ein sexuell motivierter Erwachsener seine Nähe sucht, noch sei es in der Lage, die zu erwartenden Folgen abzusehen.[96][97] Dieser Unterschied werde von Pädophilen, die von Einvernehmlichkeit ausgehen möchten und deshalb für eine Legalisierung plädieren, nicht gesehen oder verleugnet.

Die sogenannte Sexuelle Revolution in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit ihrem Anspruch einer emanzipatorischen Sexualpädagogik bereitete ebenso wie die anschließende und bis heute fortdauernde Neosexuelle Revolution den Boden für propädophile Positionen. Das hat damit zu tun, dass homosexuell Pädophile ihre Forderungen nach einer Legalisierung der Pädosexualität mit dem Kampf gegen die Diskriminierung Homosexueller verknüpft hatten. In der frühen Zeit der öffentlichen und wissenschaftlichen Debatten standen die Folgen der Pädosexualität für die betroffenen Kinder noch nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit, so dass sich Sigusch im Jahr 2010 in einem Interview unter dem Titel Es muss endlich um die Opfer gehen zu Wort meldete.[56]

Auch wenn nicht davon ausgegangen werden muss, dass gewaltfreie sexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen und Kindern zwangsläufig zu psychotraumatischen Schäden führen, lassen sie sich nicht ausschließen. Jegliche sexuellen Handlungen zwischen Erwachsenen und Kindern nehmen Einfluss auf ihre psychosexuelle Entwicklung, gefährden diesen Prozess und sind darüber hinaus geeignet, das Vertrauen von Kindern in Erwachsene zu zerstören. In diesem Zusammenhang wird im deutschen Rechtskreis von einer abstrakten Gefährdung gesprochen. Nicht immer alleinursächlich, aber nahezu immer bergen sie mindestens das Risiko eines bleibenden Kindheitstraumas, allein, so Dannecker, durch die plötzliche Sexualisierung der Beziehung zwischen Erwachsenem und Kind. Sigusch wies darauf hin, dass die Frage, ob und in welchem Ausmaß ein Kind geschädigt werde, neben dem konkreten Tatgeschehen sehr davon abhänge, „in welcher sozialen und seelischen Verfassung es mit welcher Vorgeschichte in welchem sozialen Umfeld in eine Beziehung zu einem Pädosexuellen“ gerate.

Pädophilenbewegung

In den 1970er Jahren gründeten sich weltweit Gruppierungen, die Rechte für Pädophile reklamierten. Einige strebten dabei eine Legalisierung pädosexueller Kontakte an.

Seit Ende der 1970er Jahre existieren in zahlreichen deutschen Städten Selbsthilfegruppen für Pädophile. Von Kritikern, wie beispielsweise dem Journalisten Manfred Karremann, wurde diesen Gruppen wiederholt vorgeworfen, die Folgen sexuellen Missbrauchs zu verharmlosen und ihre Treffen zum Austausch kinderpornographischer Medien zu nutzen. Daneben gibt es Gruppen, die sich um einen verantwortlichen Umgang mit der eigenen Pädophilie mühen und für Verzicht plädieren:

„Eine pädophile Neigung muss nicht zwangsläufig zum Missbrauch von Kindern führen. Es erfordert zwar viel Kraft, eine solche Neigung lebenslang zu kontrollieren, aber es geht.“

Daneben bieten sie für den kommunikativen Austausch ein Forum an. Im internationalen Raum gibt es weitere Foren mit vergleichbarer Haltung zu sexuellen Übergriffen, wie die „Tschechoslowakische Pädophilengemeinschaft“ ČEPEK und das englischsprachige Forum Virtuous Pedophiles.

Propädophile Kreise, wie sie in der Pädophilenbewegung vertreten sind, haben Begriffe zur Selbstbezeichnung etabliert. Sie verwenden selbsterklärende Anglizismen, die auf die präferierte Altersgruppe verweisen, wie Boylover, Girllover, Littleboylover oder Babyboylover.

Dieser Sprachgebrauch wird von ihren Kritikern als mindestens beschönigend abgelehnt.

Hilfsthema:

Kindesmissbrauch

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